Street Art am Gymnasium Lütjenburg

Das Projekt

Kurz vor den Sommerferien hatte das Kunstprofil des 11. Jahrgangs unter Leitung von Andrea Wegner-Krispin die tolle Möglichkeit, Street Art-Kunst selbst zu gestalten.

Nachdem im Unterricht die Hintergründe und Merkmale dieser besonderen Kunstform thematisiert worden waren, hatten die Schülerinnen die einmalige Chance, selbst eine ganze Konzeption zu entwickeln und umzusetzen. Gestaltet werden sollte das ehemalige Hausmeisterhaus, das nur noch als Lager dient und von außen sehr unansehnlich geworden war.

Fachmännische Hilfe bekamen die Schülerinnen von Street Art-Künstlern der Firma „Baltic Art Kiel“ unter der Leitung von Sim Levi. Besonders hervorzuheben ist die große Unterstützung bei der Umsetzung und Finanzierung durch den Kreis Plön, vertreten durch Herrn Lennart Meyer-Olden, der auch den Kontakt zu den Künstlern vermittelte. Bei der praktischen Umsetzung des Entwurfs wirkte auch der WPU-Kurs Kunst des siebten Jahrgangs der Gemeinschaftsschule Lütjenburg mit.

Die Entwicklungsphase

Nachdem mit den Schulleitungen grob eine Bezugnahme zum Thema „Natur“ abgesprochen worden war, sodass die Gestaltung sich in das Umfeld einfügen und eventuell auch Bezug zum nahen Schulgarten herstellen sollte, machten sich die Schülerinnen an die Themenfindung. Besonders wichtig war es ihnen dabei, eine  Gestaltung zu entwickeln, die in den Schulkontext passt, aber auch den für diese Kunstrichtung typischen Hinweischarakter berücksichtigt.

Bald war man sich einig, dass es eine Gesamtgestaltung werden sollte, die sich über alle Seiten des Hauses erstreckt. Die Schnittmenge zwischen den Ideen zu „Natur“ und „Schule“ ergab den Begriff „Entwicklung“ bzw. „Veränderung“. Schnell wurde deutlich, dass es sich bei den Schulerfahrungen der Oberstufenschülerinnen nicht nur um positive Erinnerungen im Zusammenhang mit schulischer Entwicklung handelte. So wurde Kritik am Konformitätsdruck innerhalb der Schülerschaft laut,  aber auch mangelnder Respekt, fehlender Raum für Entwicklung durch zu hohen Leistungsdruck oder zu lange Schultage. Statt aber diese berechtigte Kritik in direkte Bilder umzusetzen und den Protest quasi herauszuschreien, wie es die Street Art-Kunst auch ermöglicht hätte, entschied sich die Gruppe bewusst für eine positive und hoffnungsorientierte Gestaltung, da sie dadurch vor allem den jüngeren Schülerinnen und Schüler einen Ausweg aus dem Dilemma aufzeigen wollte. Die Funktion der Kunst, der allgemeinen Verunsicherung und den negativen Schwingungen etwas Optimistisches entgegensetzen zu können, sollte betont werden.

 

Das endgültige Konzept

Entstanden ist eine vordergründig vor allem fröhliche und entspannte Darstellung, die anhand von sieben Figuren das individuelle Aufwachsen einer sich untereinander stützenden Freundesgruppe zeigt. Während die erste Hauswand die Kinder im Alter der Einschulung am Gymnasium zeigt, altern die Akteure von Wand zu Wand um drei bis vier Jahre und verändern sich, probieren sich aus und finden sich in neuen Freundeskonstellationen wieder. Die auf den ersten Blick fröhlich erscheinenden und in die Gruppe integrierten Figuren spiegeln trotz allem persönliche Krisen wider. So zeigen Kleidung und Frisur das Ringen um die eigene Identität, eine Figur durchläuft zum Beispiel einen Selbstfindungsprozess und verändert sich von einem ehemals weiblichen zu einem männlichen Individuum. Ein anderer Charakter nimmt auf der ersten Wand noch uneingeschränkt an den Ballspielen teil, während seine Krankheit von Wand zu Wand fortschreitet und er auf der letzten Wand, die eigentlich den Aufbruch in die Zeit nach dem Schulabschluss versinnbildlicht, im Rollstuhl sitzt.

Besonderen Wert haben die Schülerinnen bei ihrem Gesamtentwurf darauf gelegt, dass die Figuren möglichst unterschiedlich hinsichtlich ihres Aussehens und ihres Charakters dargestellt werden, alle aber durch die Freundschaft in der Gruppe und die gemeinsamen Aktivitäten Halt finden.

Begleitet wird die Gestaltung durch die die Figuren umgebende Natur, die den Rahmen für das individuelle Aufwachsen bildet. Betrachten zwei der Kinder auf der ersten Wand zum Beispiel aufmerksam ein Schmetterlingsei, so begleiten die geschlüpften Schmetterlinge auf der letzten Wand die zu jungen Erwachsenen gereiften Charaktere in die Freiheit.

Auch hier sollte eine Anbindung an die eigene Erfahrung und eine Betonung der Zukunftshoffnung stattfinden: Alle Schülerinnen empfanden ihr Aufwachsen in und mit der sie in unserer Region umgebenden Natur als wesentlich und schützenswert, wodurch der Schwerpunkt wieder auf die Darstellung des Erhaltenswerten statt auf durch den Klimawandel zu beobachtende Schäden gelegt wurde.

 

Die Umsetzung

Nach dieser intensiven Planungsphase wurden digitale Entwürfe auf Fotos der vier Fassaden gezeichnet, bei dem jede Schülerin für die Entwicklung und das „Aufwachsen“ einer der Figuren zuständig war. Parallel wurde das Hausmeisterhaus durch eine vom Kreis beauftragte Firma mit einem Grundanstrich versehen, sodass die vorletzte Schulwoche komplett für das Sprühen genutzt werden konnte. Nach ersten technischen Versuchen mit den Sprühdosen auf Karton wurden alle Entwurfselemente zuerst mit Spezialmarkern von Hand auf die Wand vorgezeichnet, dann folgte der Auftrag der großen Farbflächen, um noch mehr Routine im Umgang mit der ungewohnten Sprühtechnik zu gewinnen. Speziell dünne Linien oder kleine Formen verlangen ein hohes Maß an Koordination und Übung. Aber schon am zweiten Tag war der eigene Fortschritt spürbar und die Überarbeitungsschritte wurden immer detaillierter. Außerdem war bei Fragen zur Technik oder bei Umsetzungsschwierigkeiten auf die Unterstützung durch die Profis Verlass.

 

Das Fazit

Trotz des Regens, der immer wieder für Unterbrechungen sorgte, ist innerhalb dieser Projektwoche ein hoffnungsfrohes, aber nicht unkritisches Werk entstanden, das sich sowohl inhaltlich als auch gestalterisch harmonisch und aussagekräftig in den Schulkontext einfügt.

Ein herzlicher Dank gilt den Schülerinnen des Kunstprofils, allen Unterstützern und Beteiligten!

 

 

   
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